Mein Tastaturlayout Edwin
Die Moonlander Mk I rocktIrgendwann Anfang des Jahres habe ich mir nach langem Zögern eine Moonlander MK1 Tastatur angeschafft. Ich hatte mir einige Vorteile davon versprochen, aber auch leider einen entscheidenden Nachteil gesehen…
Die Vorteile sind:
- Dadurch, dass die Tastatur in 2 Hälften geteilt ist, kann ich mir die beiden Seiten passend zu meinem Schulterabstand hinstellen, und habe eine entspanntere Sitzhaltung
- Jede Hälfte ist nach außen geneigt, dadurch ist auch jeder Arm nicht mehr so in sich gedreht, wie an einer "normalen" Tastatur
- Die einzelnen Tasten sind in Spalten angeordnet, bei denen der Finger nur auf und ab greifen muss, und sich dabei nicht noch zur Seite bewegt, wenn es nicht nötig ist. Das kommt mir beim Schreiben besonders entgegen, weil mein Hirn anscheinend in Tabellen und Bäumen denkt. Meine Hirnzellen scheinen rechtwinklig zueinander angeordnet zu sein. Mit den versetzten Tasten bin ich beim Versuch, Tastschreiben zu lernen, nicht wirklich klargekommen. Der Versatz zwischen den Tasten kommt ja daher, die Typenhebel bei mechanischen Schreibmaschinen zu bedienen, und ist eigentlich schon seit der Zeit der Kugelkopf- oder Typenrad-Schreibmaschinen überflüssig.
- Dafür sind die einzelnen Spalten in der Höhe gegeneinander versetzt, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die einzelnen Finger auch verschieden lang sind.
Der leider wichtige Nachteil:
- Die Tastatur zwingt einen dazu, mit zehn Fingern zu schreiben, was ich zu diesem Zeitpunkt leider nicht beherrscht hatte.
Dieser Umstand wiegt besonders schwer, weil ich die selbe Tastatur für meinen privaten und für meinen Dienstrechner benutze. Aber, da ich dort im Wesentlichen Bugs aus Legacy Software entferne, und an vielen Tagen keine 10 Zeilen neuen Code schreibe, schien mir das Risiko vertretbar.
Ein riesiger Vorteil ist, dass die Tastatur vollständig frei programmierbar ist, in mehreren Ebenen und unterscheidbar in kurzen, langen, doppelten und gehaltenen Tasten.
Das Layout
Ich hab mir gedacht, wenn ich sowieso ganz neu mit dem Tastschreiben anfange, dann erspare ich mir auch das leidige QWERTZ-Layout, das so auch wieder nur existiert, damit sich die Typenhebel bei mechanischen Schreibmaschinen möglichst wenig verklemmen.
Für heutiges Schreiben am PC gibt es deutlich besser geeignete Layouts, die die Hände besser entspannen. Dvorak, Colemak, oder Neo zum Beispiel. Ich habe mich für Letzteres entschieden, weil es für die deutsche Sprache optimiert ist, und ich es leicht zu merken finde, alle Vokale in Ruhestellung unter den Fingern der linken Hand zu haben.
Und so habe ich mich bei der Belegung auch im Wesentlichen an Neo 2 orientiert.
Layer 0
Die Beschriftung der Tasten liest sich so, dass die obere Hälfte angibt, was die Tastatur ausgibt, wenn ich die Taste drücke, die untere Hälfte zeigt, was beim kurzen Halten der Taste (200 ms, konfigurierbar) der Taste passiert. Wenn ich z.B, die Taste für das "c" kurz halte, wird daraus ein Strg-C.
Wie man sieht habe ich nicht besonders viele Änderungen gegenüber dem normalen Neo-Layout vorgenommen. Die Änderungen sind:
- Punkt und Komma haben im Original zwei verschiedene Tasten, aber da ich noch unbedingt Platz für Cursortasten unter der rechten Hand haben wollte, musste der Punkt weichen und ist nun ein kurz gehaltenes Komma.
- Die Zahlenreihe oben ist für mich ohnehin schwer erreichbar, und daher für die vielen Zahlen, die ich ständig tippe, unpraktisch. Ich habe sie also dort komplett entfallen lassen, und in einen Zehnerblock in Ebene 3 verschoben. Stattdessen gibt es in der oberen Reihe nun 20 Funktionstasten F1-F20. Die ersten 10 durch normales Tippen. Durch kurzes Halten wird aus F2 dann F12 etc..
- Die Tasten, um in die anderen Ebenen umzuschalten, sind allesamt auf die unteren Daumentasten gewandert. Dort sind sie besonders einfach zu erreichen.
- Für die Shift-Taste, die normalerweise vom schwachen kleinen Finger gehalten wird, habe ich diverse Stellen ausprobiert. Bewährt hat sich am Ende, die Leertaste - wenn sie gehalten wird - als Shift-Taste zu verwenden.
- sämtliche Sonderzeichen sind beim Neo Layout normalerweise im 2. Layer vergraben, aber da ich den Bindestrich im normalen Schreibfluss immer mal wieder brauche, habe ich mir den auf das gehaltene "j" gelegt.
Layer 1
Hier finden sich normalerweise alle Sonderzeichen gut verteilt auf beide Hände. Aber mein Kopf hat es einfach nicht hinbekommen, sich deren Anordnung zu merken, also habe ich mir für diese Ebene eine komplett neue Anordnung ausgedacht, die sich an meinen persönlichen Schreibgewohnheiten ausrichtet und passenderweise auch noch sehr einfache Eselsbrücken bereitstellt.
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Die linke Hälfte der Tastatur ist auf Layer 1 quasi unbelegt. Lediglich die Tasten F21-F24 finden sich hier, wo sich in Ebene 0 F1-F4 finden. Ansonsten benutze ich die Tasten für Textblöcke, die ich beruflich häufig verwende, daher habe ich sie hier auch nicht dargestellt. Stattdessen spielt sich alles unter der rechten Hand ab.
Hier finden sich die PgUp und PgDn Tasten, die beim kurzen Halten den Cursor nicht nur eine Seite nach oben oder unten befördern, sondern gleich bis ganz an den Anfang oder das Ende des Textes. Dazu geht meine Hand wegen der Entfernung ein kleines bisschen aus der Ruheposition heraus.
Die blöde obere Reihe ist nur mit sehr selten benutzten Währungs- und Akzentzeichen belegt.
Zeige- und Mittelfinger sind mit Klammern beschäftigt. In der Ruhestellung mit den normalen und eckigen Klammern, die ich als Programmierer häufig brauche. Wenn ich die Finger nach oben strecke, dann mit den spitzen und geschweiften Klammern. Bei allen Klammern ist es so, dass ich durch Drücken die Klammer öffne, und durch kurzes Halten wieder schliesse. Halten muss ich allerdings sehr selten, da ich mir meinen Editor so eingestellt habe, dass ich beim Öffnen einer Klammer immer auch schon die schließende Klammer automagisch eingefügt bekomme.
Zufällig ergaben sich die Eselsbrücken:
- N - normale Klammern
- R - rechteckige Klammern
- H - HTML Klammern
- G - geschweifte Klammern
Außerdem bilden sie ein hübsches Quadrat
Rechts daneben liegt ein weiteres Quadrat, das ich beruflich benötige, weil ich viele Oracle-SQL-Abfragen schreibe.
Es enthält die einfachen Anführungsstriche, um Strings zu begrenzen, das Semikolon, um Statements zu beenden, das Prozentzeichen, für Wildcards und das Gleichheitszeichen für viele Vergleiche.
Wenn ich die beiden stärksten Finger nach unten bewege finden sich dort alle Zeichen, die ich auf der Kommandozeile benötige, um Pfade einzugeben ( ~ / . ) schön einfach zu erreichen.
Die seltener benötigten Zeichen sind hübsch in die verbleibenden Lücken gestreut.
Layer 2
Die Ebene 2 ist dann für den Zehnerblock reserviert. Das ist für mich einfach die intuitivere Art Ziffern zu erfassen, und als eigene Ebene ist es damit noch nicht einmal nötig, die rechte Hand zur Seite zu bewegen. Der linke Daumen wechselt in die Ebene und sofort liegt die 5 unter meinem rechten Mittelfinger und alle wichtigen Rechenzeichen sind rundherum angeordnet. Punktrechnung rechts, Strichrechnung links.
Fazit
Das Layout, wie es heute ist, hat sich mittlerweile sehr bewährt, und was das korrekte Tastschreiben angeht, schreibe ich mittlerweile weitgehend blind in nahezu der alten in 40 Jahren angewöhnten 6-Finger-Geschwindigkeit. In den letzten 2 Wochen habe ich allerdings schon mehrfach bemerkt, wie das Muskelgedächtnis mehr und mehr die Steuerung übernimmt. Häufig bennutzte Buchstabenfolgen tippen meine Finger mittlerweile selbstständig, noch bevor mein Kopf dazu kommt, sie in einzelne Buchstaben zu zerlegen. Da wird sich im nächsten Jahr bestimmt noch viel tun.
Der befürchtete Effekt, dass ich das Standard QWERTZ-Layout verlerne, ist ausgeblieben. Ich muss mich zwar immer erst 1-2 Minuten eingewöhnen, aber dann ist alles wieder da. In QWERTZ kann ich sowieso nicht blind schreiben und möchte es mir dort auch nicht angewöhnen. Ich bin aber immer noch schnell genug, um z.B. diesen Blogeintrag auf QWERTZ zu schreiben, weil er auf meinem alten Laptop unterwegs entstanden ist.
Die Tastaturen fühlen sich so deutlich unterschiedlich an (auch weil ich die Standard-Neigung von knapp 20° mit Hilfe eines Keils von Thingiverse auf knapp 30° Neigung gebracht habe), dass mein Kopf automatisch umschaltet.
Alles in allem wundere ich mich mittlerweile darüber, wie einfach Tastschreiben ist, wenn nur die Umgebung dafür stimmt, und warum immer noch ein System gelehrt wird, und verbreitet ist, das auf Geräte optimiert ist, die es mittlerweile nur noch auf Flohmärkten zu Ramschpreisen zu finden gibt.