Skip to main content

Einsparpotentiale ermitteln (Gas)

Der gefährlichste Pilz ist der Heizpilz

Nachdem ich in der letzten Folge von Operation Wintermute mit dem Energiemessgerät von Steckdose zu Steckdose gelaufen bin, um herauszufinden wo ich Energie sparen kann, war das beim Gas doch deutlich entspannter. Ich habe nur eine handvoll Warmwasser-Zapfstellen und eine Heizung. Vor dieser Heizung habe ich dann auch etwa eine Stunde auf einem Stuhl sitzend verbracht, bis ich verstanden habe, wie sie für meinen Modell genau funktioniert. Und da die ganze Wärme nicht für zwei dutzend Geräte sondern nur für mich da ist, menschelt es in diesem Blogeintrag besonders

Auch wenn ich mich beim Strom um deutlich mehr Verbraucher kümmern musste, ist es dort doch viel einfacher jederzeit festzustellen, ob man mit seinem aktuellen Verbrauch gut liegt oder nicht. Das liegt daran dass der Verbrauch über das Jahr weitgehend gleichmäßig ist.

Beim Gas ist das komplett anders. In den Sommermonaten ist die Heizung abgestellt, das heißt das einzige was zu der Zeit verbraucht wird, ist warmes Wasser zum waschen und duschen, Im Winter wird die Dusche weiterhin benutzt, jetzt wird jedoch zusätzlich die Heizung eingeschaltet, und die Heizung verbraucht ein vielfaches der Energie die wir beim duschen benötigen.

Wir können also nicht davon ausgehen dass wir nach einem Drittel des Jahres auch ein Drittel der Energie benötigt haben, und nach zwei Dritteln des Jahres zwei Drittel. Zu Beginn des Frühjahrs haben wir fast die Hälfte der Energie verbraucht, und zu Beginn des Herbstes noch nicht viel mehr da wir im Sommer lediglich geduscht haben.

Um diesem Problem zu begegnen, gibt es etwas das sich Lastprofil nennt. Im Prinzip gibt ein Lastprofil an wieviel Energie ich an welchem Tag im Jahr üblicherweise verbrauche.

Ich bin zunächst ganz naiv davon ausgegangen, dass man so ein Profil einfach so im Internet findet, aber dem war nicht so. Eine entsprechende Frage im Fediverse brachte auch kein Ergebnis. Also habe ich eine halbe Nacht rumgegoogelt und bin schließlich auf die Seite Musterhaushalt.de gestoßen, auf der es die nette Funktion gibt, dass man seinen üblichen Jahresverbrauch eingeben kann und dann eine Tabelle zurückbekommt, wieviel davon man in welchem Monat üblicherweise verbraucht.

Das ganze ist leider nur monatlich aufgelöst. Da ich aber gerne wöchentliche Ergebnisse hätte, hab ich angefangen mir das ganze in eine Excel-Tabelle zu übertragen und aus den Monatswerden Wochenwerte zu machen.

Das ganze sah dann so aus:

Mein Lastprofil

Die blauen Balken sind das Modell, und die grünen Balken sind mein tatsächlicher Verbrauch. Wie man sieht liege ich also schon sehr gut und fast permanent unter dem Musterverbrauch. L laut dem Diagramm müsste ich pro Jahr ungefähr 500 kWh sparen. Daraufhin hab ich mal in meine Vorjahresabrechnungen geschaut, und gesehen, dass hier entgegen meiner ursprünglichen Zielsetzung von 10.000 kWh in den letzten Jahren circa 9500 kWh verbraucht habe. Für ein dermaßen grobes Modell passte das Ergebnis also überraschend genau. Für die kommenden Jahre werde ich also doch eher 9000 kWh statt der angenommenen 10.000 kWh ins Auge fassen.

Wie kann ich dieses Ziel nun erreichen?

Der Kessel

Nun, dazu müssen wir uns erstmal ansehen, wie die Wärmeversorgung in meinem Haus so funktioniert.

Ich habe ein Heizkessel, der im Prinzip ein großer isolierter Wasserbehälter ist. Dieser Wasserbehälter ist über Rohre mit den Heizkörpern verbunden und eine Pumpe bewegt das Wasser im Kreis immer vom Heizkessel zur Heizung und zurück. Dabei kühlt sich das Wasser nach und nach ab.

Mein Kessel

Das Wasser in diesem Kessel hat eine Soll-Temperatur, und die Heizung versucht den Kessel auf dieser Temperatur zu halten. Das tut sie allerdings nicht, indem sie sofort Energie aufwendet wenn sich die Temperatur auch nur ein bisschen abkühlt, sondern der Kessel oszilliert um den eingestellten Sollwert herum. In meinem fall geht es dabei um plus minus fünfzehn Grad. Das heißt wenn mein Heizkessel, so wie ich ihn vorgefunden habe, auf 55 Grad eingestellt ist, dann nun kühlt sich das Wasser nach und nach ab bis 40 Grad erreicht sind. Daraufhin springt die Heizung an und erhitzt das Wasser wieder auf 70 Grad. Dann kühlt sich das Wasser wieder langsam auf 40 Grad ab, und das Spiel beginnt von vorne.

ich habe also ständig Wasser mit einer Temperatur zwischen 40 und 70 Grad im Kessel, Die Mitte stellt genau die Solltemperatur dar.

Es gibt genau 3 Gründe warum die Kessel Temperatur sinkt

  1. ist die Isolierung des Kessels nicht perfekt. Das heißt, die Temperatur im Kessel sinkt nach und nach auf die Raumtemperatur ab. Je wärmer es im Kessel ist. desto schneller sinkt der Wert ab. Wenn die Kesseltemperatur selbst nur knapp über der Raumtemperatur liegt, dann schreitet das Abkühlen langsamer voran.
  2. Ich dreh die Heizkörper auf. Wenn das Wasser zu den Heizkörpern gepumpt wird, wird die Wärme dort, wie ist die Aufgabe eines Heizkörpers ist, an den Raum abgegeben, und abgekühltes Wasser strömt zurück in den Kessel. Dadurch kühlt sich der Kessel natürlich deutlich schneller ab, als durch einfaches rumstehen.
  3. ich benutze Brauchwasser, also ich dusche oder wasche mir die Hände mit warmem Wasser. Die Wasserleitung, die mir das Brauchwasser im Haus liefert, läuft nämlich auch durch den Kessel. In meinem Kopf ist sie dort eine lange schmale Leitung die in vielen Windungen durch den Kessel geht und vom umgebenden Warmwasser erwärmt wird. Das reicht mir als Modellannahme. Wenn ich nun den Wasserhahn aufdrehe, strömt kaltes Wasser vom Hauptanschluss nach, und kühlt damit auch den Kessel ab.

Es gibt also keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Energie die ich beim Duschen verbrauche, und der Energie die meine Heizung verbraucht. Es kann sein, dass ich nur kurz dusche, und sich die Kessel Temperatur dabei lediglich von siebzig auf fünfundsechzig Grad absenkt. Da die Marke von 40 Grad noch nicht erreicht ist, springt die Heizung nicht an, und es wird auch kein Gas verbraucht. Im Gegensatz dazu kann es auch sein, dass ich überhaupt nichts vom Wasser verbrauche, nun aber der Kessel durch einfaches rumstehen von 43 auf 40 Grad abgekühlt. Nun springt natürlich die Heizung an, und heizt den Kessel wieder auf 70 Grad auf, ohne dass ich in diesem Moment wirklich Energie verbraucht habe.

Die Menge die ein Aaufheizvorgang an Energie benötigt ist dabei weitgehend gleich. Es kommt also im wesentlichen darauf an wie häufig der Kessel aufheizen muss. Je mehr Energie ich verbrauche, desto öfter muss die Heizung den Kessel aufheizen.

Was habe ich also für Handlungsoptionen?

Beim Duschen

Als erstes habe ich mir mal das Bedienungshandbuch unserer Heizung vorgenommen, denn kein Mensch braucht 70 Grad heißes Wasser, und selbst 40 Grad sind zum duschen noch sehr großzügig bemessen. Ich habe beschlossen dass mir als Solltemperatur 45 Grad reichen, das heißt der Kessel oszilliert zwischen 30 und 60 Grad. 30 Grad sind zum duschen zwar recht wenig, aber dafür liege ich im mittel bei 45 Grad, und sollte ich wirklichen nah an der 30 Grad Grenze sein, dann sorgt der Temperaturabfall durch das Duschen sehr schnell dafür, dass der Kessel neu aufgeheizt. Ich habe das ganze jetzt eine Woche ausprobiert, und komme mit dieser Temperatureinstellung auch beim Duschen hervorragend und ohne Komfortverlust klar.

Der neue Nennwert

Dann kann ich beim Duschen noch dafür sorgen, dass ich dem Kessel möglichst wenig abkühle. Das geht zum einen dadurch, dass ich möglichst kurz dusche, das heißt beim einseifen zum Beispiel das Wasser abstelle, und zum anderen, wenn das Wasser eingeschaltet ist, möglichst wenig davon verbrauche. Das kann man zum Beispiel dadurch erreichen, dass man einen Durchflussminderer in seinen Schlauch einsetzt, im Prinzip eine Art kleine Unterlegscheibe, die ein Loch hat, das kleiner ist als der Schlauchdurchmesser.

Und zu guter Letzt gibt es natürlich noch die Option seltener zu duschen. Wenn ich zum Beispiel weiß, dass ich einen Tag HomeOffices vor mir habe, und auch ansonsten das Haus nicht verlassen und anderen Menschen treffen möchte, spricht überhaupt nichts dagegen auch mal das Duschen zu überspringen.

Bei der Heizung

Der effektivste Ansatz ist natürlich auch hier, einfach nicht zu heizen. Da das aber im tiefsten Winter nicht wirklich Sinn macht, geht es hier nicht darum seine Heizung komplett abzustellen. Natürlich kann man das machen, denn beim heizen geht es ja eigentlich darum, mich als Menschen warm zu halten, und nicht die Räume in meinem Haus. Ich könnte also im Extremfall komplett auf die Heizung meines Hauses verzichten, und einfach nur mich warm halten, indem ich warme Kleidung trage, oder direkt -zum Beispiel durch eine Wärmflasche- meinem Körper heize. Wer einen interessanten Artikel dazu lesen möchte, dem sei dieser Artikel im LOW-TECH MAGAZINE empfohlen.

Die Heizung

Soweit möchte ich nicht gehen, aber es ist überhaupt kein Problem, erst etwas später mit dem heizen anzufangen, oder, wenn es Frühling wird, schon etwas früher damit aufzuhören, und sich mit einer schönen warmen Decke aufs Sofa zu setzen.

Räume in denen ich mich kaum, oder gar nicht, aufhalte, muss ich auch überhaupt nicht heizen,

In der Küche mache ich es zum Beispiel so, dass ich die Abwärme des Herdes und des Ofens nutze. Das reicht mir da an Wärme in der Küche, und ich brauche die Heizung dort gar nicht, obwohl ich mich dort öfters aufhalte.

Im Arbeitszimmer machen der Computer oder der Laptops eine Menge Abwärme, so dass mir dort eine kleine Kerze ausreicht um ebenfalls auf eine angenehme Arbeitstemperatur zu kommen, solange ich die Tür dort geschlossen halte.

Im Schlafzimmer mochte ich es früher immer ungewöhnlich warm, da ich Problem mit meinen Nebenhöhlen bekomme, wenn diese nachts sehr auskühlen. Dieses Problem habe ich mittlerweile dadurch gelöst, dass ich wärmere Bettwäsche für den Winter habe, und man glaubt es oder nicht, Opas gute alte Nachtmütze wirkt Wunder gegen verkühlte Nebenhöhlen.

Ich wurde geNerdSniped

Für mein relativ grob aufgelöstes Lastprofil habe ich übrigens in der Zwischenzeit eine sehr viel bessere Lösung gefunden. Ich bin auf TUM und SigLinDe gestoßen, die beiden Modelle mit denen die Energiewirtschaft in Deutschland tatsächlich arbeitet, und es gibt sogar ein Dokument darüber, dass leider 166 Seiten umfasst, wie diese Modelle im Detail arbeiten. Nachdem ich nun einige Stunden darüber gebrütet habe, glaube ich, dass ich die Modelle komplett verstanden habe, was ich nachher mal überprüfen werde, indem ich sie in eine Excel-tabelle überführe. In diese Modelle stecke ich die Tagesmitteltemperaturen eines Jahres und erhalte dann eine Prognose für den tagesgenauen Energieverbrauch für mein Gas.

SigLinDe

Mit diesem Modell werde ich definitiv noch sehr intensiv rumspielen, und nachdem der nächste Blogeintrag aus der reihe Wintermute nun um das Benzin gehen soll, würde ich sagen geht der übernächste um SigLinDe.

2022-09-29